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Feature | ARD Themenwoche "Woran glaubst Du?" Kinderhospiz Bärenherz: Ein Ort zum Lachen und Weinen
Wir freuen uns und sind sehr stolz, Ihnen heute einen Radiobeitrag von MDR Kultur über das Kinderhospiz Bärenherz vorstellen zu dürfen. Laura-Nadin Naue hat ihn gemacht. Dafür begleitete Sie einige Wochen das Bärenherz-Team bei seiner Arbeit, sprach mit Eltern, Kindern und ehrenamtlichen Helfern. Ein beeindruckendes Feature ist so entstanden, das sehr einfühlsam dem Zuhörer das Leben im Kinderhospiz Bärenherz näher zu bringen vermag. Wir sind sehr berührt, vielen Dank dafür!
Feature | ARD Themenwoche "Woran glaubst Du?"
Kinderhospiz Bärenherz: Ein Ort zum Lachen und Weinen
Wer Hospiz hört, denkt: Sterbehaus. Aber ein Kinderhospiz ist anders. Familien erholen sich, Geschwister dürfen laut sein, Wut, Trauer und Freude sind erlaubt. Ein Portrait von Laura-Nadin Naue, das Erwartungen bricht.
Mehrere Tische sind im Aufenthaltsraum aneinandergereiht, Pappbecher, Muffins und Zuckerstreusel liegen bereit, von der Decke hängen Luftballons. Es ist Fasching im Kinderhospiz. Adeline Kremer, Mitarbeiterin im Bärenherz, stimmt mit ihrer Gitarre ein Lied an. Eltern, Kinder und Mitarbeiter bilden einen Kreis, zwei Geschwister in Hexenkostümen hüpfen im Takt. Jeder darf einmal in die Mitte, dreht sich, springt. Der fünfjährige Louis kann nicht selbst laufen, also schiebt seine Mutter den Rollstuhl in den Kreis. Auch Kinder mit der Diagnose "lebensverkürzend erkrankt" können Fasching feiern.
Ein wenig Zeit schenken
Ein Sterbehaus, grau und trist, das wird erwartet, wenn es um ein Hospiz geht. Das Bärenherz jedoch bricht mit dieser Vorstellung. Die Kinder, die hierher kommen, werden nicht alt; bis zu ihrem Tod können jedoch Jahre vergehen. Und diese Jahre sollen die Familien so gut wie möglich verbringen.
Zu den Gästen gehört die Leipzigerin Jenny Suckert: Sie kümmert sich seit der Geburt ihrer jüngsten Tochter Hannah ausschließlich um deren Pflege. Insgesamt hat sie vier Kinder. Für ihre Jüngste steht sie in jeder Nacht mindestens zehn Mal auf, richtet die Atemnase, um fünf füttert sie die erste Flasche. Hannah hat Trisomie 21. Das alleine wäre noch nicht schlimm, sagt ihre Mutter. Das Mädchen hat Apnoe-Phasen, in denen sie mit dem Atmen aufhört. Darum hat Jenny ständig ein Auge auf ihre Tochter. Die Familie hat Anspruch auf jemanden, der sie unterstützt – doch es mangelt an Kinder-Intensivpflegern. Bereits seit einem Jahr suchen sie Hilfe, bislang vergeblich. Jenny hadert mit der Situation, immer fehlt Zeit, für den Mann, für die Geschwister, für sich selbst. Niemand weiß, wie viele Jahre Hannah mit ihrer Familie bleiben.
"Es heißt ja nicht, nur weil man Christ ist, ist alles immer Friede-Freude-Eierkuchen und alles ist super. Wir zweifeln auch, wir heulen genauso ins Kissen und wir haben auch für viele Sachen keine Antwort." Jenny Suckert, Mutter von Hannah
Ein wenig Zeit schenken kann das Bärenherz. Für vier Wochen darf Hannah jedes Jahr in das Kinderhospiz kommen, die Kosten bezahlt ihre Krankenkasse. Auch ihre Eltern und die drei Geschwister können mit wenn sie wollen, das übernimmt das Hospiz. Staatliche Unterstützung erhält das Bärenherz dafür nicht – zu über der Hälfte ist das Hospiz auf Spenden angewiesen.
"Es würde natürlich vieles leichter machen, wenn es eine festgesetzte staatliche Unterstützung gäbe. [...] Auf der anderen Seite ist aber das genau eigentlich das Schöne, dass es eben Menschen tragen, dass es die Gesellschaft trägt, die Öffentlichkeit, die Nachbarn tragen." Ulrike Herkner Geschäftsführerin, Kinderhospiz Bärenherz Leipzig e. V.
Austausch und Verständnis
Im Bärenherz können sich die Eltern mit anderen austauschen, hier finden sie Verständnis. Für die Geschwister bietet das Kinderhospiz die "Heldengruppe" an: Alle zwei Wochen treffen sich die Kinder für zwei Stunden, insgesamt acht Mal. Als erstes heißt es: Toben. Dann tauschen sich die Jungen und Mädchen aus, reden über Krankheiten, über ihre Ängste und Wut. Bei einer Abschlusspräsentation erklären die Kinder ihren Eltern, was sie gemacht haben.
Sterben wird auch im Hospiz nicht leichter. Aber die Mitarbeiter des Bärenherzes zeigen Wege, mit der Last umzugehen. Wenn es geht, erfüllt das Hospiz Wünsche: Ein Junge konnte auf der Dachterrasse heiraten. Er war gerade 18 geworden, kurz darauf starb er. Der Tod ist im Hospiz kein Tabu, und das hilft.
"Also, wir wissen auf jeden Fall, egal, wo das sein wird, dass wir erstmal hierher kommen. Das ist so mein Ziel. Wenn das Kind jetzt im Krankenhaus oder zu Hause verstirbt, kann man ja trotzdem hier ins Bärenherz kommen. Da bin ich irgendwie auch so beruhigt, darüber. Das würde ich auf jeden Fall machen." Jennifer Geheeb, Mutter von Tajo
Über die Autorin
Laura-Nadin Naue, geboren 1988 in Bückeburg, ist Volontärin der Deutschen Journalistenschule. Sie studierte Germanistik und Freie Kunst in Münster sowie Journalistik in Leipzig und hat das Kompaktstudium Fernsehjournalismus an der Bayerischen Akademie für Fernsehen absolviert. Seitdem hat sie Beiträge bei Radio Bremen, MDR KULTUR und der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht, zuletzt u.a. "Queeres Paar und Kinderwunsch" (Radio Bremen 2016).
Information zur Sendung MDR KULTUR Feature
ARD Themenwoche "Woran glaubst Du?"
"Kinderhospiz Bärenherz"
Feature von Laura-Nadin Naue
Sprecherin: Bettina Kurth
Regie: Nikolai von Koslowski
Redaktion: Kathrin Aehnlich
Produktion: MDR 2017 (Ursendung)
Sendung: Mi, 14.06.2017 | 22:00 Uhr
Wiederholung: So, 18.06.2017 | 18:00 Uhr
Das Feature steht nach der Ausstrahlung hier bis zum 13.06.2018 zum Hören und zum Download bereit.
http://www.mdr.de/kultur/podcast/feature/audio-feature-kinderhospiz-baerenherz100.html